Wer die Bibel von vorne bis hinten lesen will, muss ausdauernd sein. Sogenannte Tagclouds, eine aus dem Internet stammende Darstellungsform, bieten eine Alternative. Tagclouds sind Grafiken, die verblüffend einfach den wesentlichen Gehalt eines Textes auf den Punkt bringen. Begriffe werden entsprechend der Häufigkeit ihres Vorkommens im Text unterschiedlich groß dargestellt. Für das Bibelclouds-Projekt wird jedes biblische Buch in einer »Bibelcloud« dargestellt. Zusätzlich gibt es zu jedem Buch zwei kurze Texte: Eine Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte sowie einen Gedankenimpuls mit Bezug zur heutigen Lebensrealtität vor allem von jugendlichen Lesern. Außerdem werden „Gute Worte“ (Zitate, z.B. als Anregungen für Konfirmandensprüche) und Lesevorschläge gelistet. Das alles erlaubt eine Begegnung mit biblischen Texten, wie sie bisher nicht möglich war: visuell ansprechend, modern und überraschend anders.
Schon ein erster Blick auf die Gesamtdarstellung der Bibel als Wortwolke aus 300 Wörtern zeigt eine Besonderheit: Während es wohl nicht überrascht, dass Herr und Gott die häufigsten Begriffe sind und daher am größten dargestellt werden, muss man nach Jesus und Christus schon ein wenig suchen. Sie tauchen erst auf den Plätzen 24 und 80 auf. Das hängt vor allem damit zusammen, dass gut drei Viertel aller 840 000 Wörter der Bibel im Alten Testament (AT) zu finden sind, dort aber nie direkt von einem Jesus (außer drei Mal im Buch Jesus Sirach) oder gar Christus gesprochen wird.
Daher tauchen auch Orte und Personen des AT besonders häufig auf und fallen in der Übersicht ins Auge: König, David, David, Abraham, Saul, Salomo, Josef, Israel, Israeliten, Jerusalem, Ägypten, Babel (griech. Babylon). Oft ist von einem Propheten die Rede und auch Begriffe wie Land, Schwert, Blut, Zorn, Heer, Opfer und Brandopfer sind eher vom AT her geprägt. Sie erzählen vom Bund zwischen Gott und den Israeliten, von der Geschichte des Volkes Israel, den Nachkommen Abrahams.
Im Zentrum der Bibel steht das Wort, speziell das Wort des Herrn (im AT auch oft Spruch des Herrn), das im Sagen und Sprechen mitgeteilt wird. Es ist jedoch kein Monolog, sondern ein Dialog mit den Menschen, bestehend aus reden und hören, fragen, antworten und erwidern. Man sollte die Bibel aber nicht nur auf das gesprochene Wort beschränken. Sie berichtet auch von Bewegung, von kommen und gehen, tun und sehen. Am Ende kommt es allerdings nur darauf an, dass der Leser Gott erkennen und an ihn glauben kann. In Begriffen wie Gebot, Gesetz (»sollen«), Weisheit und Gerechtigkeit, die eher im AT vorkommen, oder Gnade und Liebe, die eher im Neuen Testament (NT) benutzt werden, versuchen die Autoren der verschiedenen Bücher, den unbegreiflichen Gott für den Menschen begreifbarer zu machen. Auch Gold und Geld tauchen interessanterweise in dieser Übersichts-Wolke auf: Sie begleiten die Menschheit schon seit Jahrtausenden als Thema und werden daher sowohl im AT als auch im NT häufig als Bild zur Veranschaulichung genutzt.
[Martin Wolters]
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